„Die Kinder des Kalifats“: Neue „kreuz und quer“-Doku des syrischen Filmemachers Talal Derki

„Die Kinder des Kalifats“: Neue „kreuz und quer“-Doku des syrischen Filmemachers Talal Derki

Am 6. Oktober ab 22.35 Uhr in ORF 2; danach: „Mama putzt“ – eine Geschichte von Armut, Entfremdung und Entwurzelung

Wien (OTS) – Wie werden aus Kindern Anhänger des Dschihad, Kämpfer im Namen Gottes für die Vision eines Kalifats? Der Al-Nusra-Kämpfer Abu Osama erzieht seine Kinder voller Überzeugung zu Dschihadisten. Zugleich zeigt er sich auch als liebevoller Vater seiner Söhne. Die preisgekrönte Dokumentation „Die Kinder des Kalifats“ des syrischen Filmemachers Talal Derki, die „kreuz und quer“ am Dienstag, dem 6. Oktober 2020, um 22.35 Uhr in ORF 2 zeigt, begleitet über zwei Jahre hinweg die Familie durch ihren Alltag, der geprägt ist vom Krieg. Dabei stehen neben dem Vater vor allem die beiden ältesten Buben im Fokus: Osama (13) und Ayman (12), die im Al-Nusra-Ausbildungslager mit militärischem Drill zu entschlossenen Glaubenskämpfern geformt werden sollen.
In „Mama putzt“ dokumentiert Limor Pinhasov um 23.25 Uhr die Geschichte der Bolivianerin Marisa Villozial: Nach 15 Jahre als Gastarbeiterin in Tel Aviv kehrt sie nach Hause zurück. Doch die Rückkehr ist dramatisch: ihr Vater, ihre Familie sind Fremde geworden – obwohl sie ihnen ihr ganzes bisheriges Leben geopfert hat. Eine Geschichte von Armut, Entfremdung und Entwurzelung – zutiefst persönlich und zugleich mit universeller Aussagekraft.

„Die Kinder des Kalifats“ – Ein Film von Talal Derki (ORF-Bearbeitung: Sabine Aßmann)

Die Provinz Idlib liegt im Nordwesten Syriens und ist Schauplatz schwerer Kämpfe im syrischen Bürgerkrieg. Zwei Jahre lang lebt der aus Syrien stammende Filmemacher Talal Derki dort immer wieder für einige Wochen oder Monate mit dem Al-Nusra-Kämpfer Abu Osama und seiner Familie. Um ungehindert und gefahrlos filmen zu können, gibt er an, den Dschihad und die Krieger der Al-Nusra-Front zu unterstützen. So gelingt ihm mit der Kamera ein schonungsloser Einblick in die ferne, abgeschottete Welt des überzeugten Dschihadisten und seiner Familie.

Die Frauen bleiben in dieser fremden Welt völlig unsichtbar, nur Männer und Kinder zeigen sich vor der Kamera. Der Vater, Abu Osama, ist Spezialist für Minen und Bomben. Er gehört zu den Gründern der islamistischen Al-Nusra-Front und kämpft für die Vision eines islamistischen Kalifats. Nichts kann seine Überzeugung ins Wanken bringen, nicht einmal, als er beim Minensuchen ein Bein verliert. In diesem Umfeld wachsen die Kinder auf. Die Kamera begleitet sie bei ihren Spielen, in denen sie — wie alle Kinder — die Welt der Erwachsenen nachstellen. Da werden etwa mit Zitronensäure „Bomben“ gebastelt und ein zufällig gefangener Vogel wird „enthauptet“, so wie der Vater das mit einem Mann gemacht haben soll. Vor allem die beiden älteren Söhne eifern ihrem Vater nach. Osama (13) und Ayman (12) gehen beide nicht in die Schule und werden schließlich in ein Al-Nusra-Ausbildungslager geschickt, wo sie militärischer Drill und religiös-politische Unterweisung erwarten.

Ayman hält dem nicht Stand, er entschließt sich, wieder in die Schule zu gehen. Sein Bruder Osama jedoch folgt dem Vorbild seines Vaters nach – mit ungewissem Ausgang. Die Dokumentation zeigt die hoffnungslose Ausweglosigkeit, mit der Osama und viele andere Kinder einem für sie vorgezeichneten Weg folgen. Man wolle die Region befreien, erklärt an einer Stelle des Films ein Mitstreiter von Abu Osama. Er selbst stellt diesen Kampf über das Leben seiner eigenen Kinder, wie er weiter erzählt — „aus Loyalität zu Gott und den Mujaheddin“. Mit Gottes Hilfe werde man kämpfen, bis ganz Syrien befreit sei und ein gerechtes islamisches Kalifat errichtet werden könne. Und wenn es Gottes Wille sei, dann würden für jedes getötete Kind, für jeden getöteten Helden eintausend Kinder und eintausend neue Helden geboren.

„Mama putzt“ – Ein Film von Limor Pinhasov

Die 22-jährige Bolivianerin Marisa Villozial war gerade frisch geschieden und an der Grenze zur Armut. Ihre einjährige Tochter und den dreijährigen Sohn ließ sie bei ihren Eltern und flog über den Atlantik, um Arbeit zu suchen. Sie landete in Israel, arbeitete 15 Jahre lang als Putzfrau und schickte Geld nach Hause. Das Größerwerden ihrer Kinder bekam sie lediglich durch unregelmäßige Telefonate mit.
Nach 15 Jahren in Israel kehrt Marisa nach Bolivien zurück, um wieder mit ihrer Familie vereint zu sein und die Rolle einer richtigen Mutter zu übernehmen. Doch ihre Heimkehr nach Cochabamba ist nicht einfach. Sohn und Tochter, mittlerweile 16 und 18, sind bald enttäuscht – Mutter und Kinder verhalten sich wie Fremde zueinander. Und das Haus, das mit Marisas Geld errichtet werden hätte sollen, stellt sich als Rohbau heraus: Ihr Vater hatte ein überdimensioniertes Haus zu bauen begonnen. Nun reicht das Geld nicht mehr, halbfertig steht es da. Zu allem Überdruss sind Marisas Eltern bestrebt, sie vor ihrem Lebensgefährten zu bewahren, einem bolivianischen Arbeiter, den sie in Israel kennengelernt hat, der aber straffällig geworden ist. Mit ihm möchte Marisa ein neues Leben beginnen. Doch die Eltern drohen, sie zu enteignen und ihr die Kinder wegzunehmen, weil sie überzeugt sind, dass der vorbestrafte Alfredo sich all die Jahre ihres Geldes bemächtigt hat.

http://presse.ORF.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender