Staat verabschiedet sich von solider GKV-Finanzierung / Betriebskrankenkassen in Bayern fordern Nachbesserungen beim Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der GKV
Staat verabschiedet sich von solider GKV-Finanzierung / Betriebskrankenkassen in Bayern fordern Nachbesserungen beim Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der GKV
München (ots) – Mit dem Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) droht nach Ansicht der Betriebskrankenkassen (BKK) in Bayern spätestens ab dem Jahr 2022 ein massiver Crash, wenn der Gesetzgeber das Paket nicht nachbessert. Der BKK Landesverband Bayern hat fünf Punkte herausgearbeitet, die für eine nachhaltige und substanzielle Finanzierung der GKV essentiell sind.
Sigrid König, Vorständin des BKK Landesverbandes Bayern: „Die Ausgabenpolitik der vergangenen Jahre baute darauf, dass die Einnahmen der Krankenkassen stetig steigen. Forciert durch zweifelhafte Kostenlasten infolge der Corona-Pandemie werden die Ausgaben für die GKV inzwischen unkalkulierbar. Parallel dazu brechen durch die Rezession die Einnahmen weg. Gesundheitsminister Spahn mag meinen, einen Coup gelandet zu haben. Tatsächlich leistet das Maßnahmenpaket Versicherten und Arbeitgebern einen Bärendienst. Es sägt an der soliden Finanzierungsbasis der GKV, die sie nicht nur zur Pandemiebewältigung braucht.“
König fordert eine demokratische und differenzierte Diskussion mit der GKV um den eklatanten Eingriff in die Finanzhoheiten. Dies erfordere schon der Respekt um die Planungssicherheit der Krankenkassen.
Der im Maßnahmenpaket vorgesehene Schwellenwert von 0,4 Monatsausgaben, der Krankenkassen zur Zwangsabgabe verpflichten soll, ist viel zu niedrig angesetzt. Krankenkassen mit solch niedrigen Reserven haben meistens einen roten Gefährdungsindex. Aktuell halten die gesetzlichen Krankenkassen durchschnittlich eine Monatsausgabe als Reserve. Coronabedingte Mehrbelastungen sind darin noch nicht abgebildet. Ein solider Schwellenwert, der Extremschwankungen bei Einnahmen und Ausgaben trägt, sollte mindestens ¾ einer Monatsausgabe betragen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass kleinere Krankenkassen für eine solide Finanzgrundlage höhere Rücklagen vorhalten müssen.
Der Bundeszuschuss von 5 Milliarden Euro deckt weder die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Pandemiebewältigung, noch stabilisiert er den Zusatzbeitragssatz. Denn ein Großteil der fehlenden 16 Milliarden Euro wurde über versicherungsfremde Leistungen, Massentestungen auf Covid-19, oder eine Einkommensgarantie für Ärzte aufgebaut. Es ist unsolide, pandemiebedingte Coronakosten – also Ausgaben, die der Steuerzahler zu tragen hat – zunächst über die GKV finanzieren zu lassen und den selbstverständlichen Ausgleich über Steuern dann nicht durchzusetzen.
Um eine valide Basis der Finanzdaten zu erhalten, muss auf die Jahresrechnung abgestellt werden, die zum 31.12. eines Jahres erhoben wird. Nur diese unterliegt einer unabhängigen Wirtschaftsprüfung. Der im Maßnahmenpaket vorgesehene unterjährige Abzug der GKV-Finanzdaten ist ungeprüft. Zudem stellt das erste Halbjahr 2020 eine absolute Ausnahmesituation dar, die Minderausgaben der GKV vortäuscht. Tatsächlich müssen die Krankenkassen aber im zweiten Halbjahr 2020 mit massiven Ausgabensteigerungen rechnen und auf bestehende Rücklagen zurückgreifen, um die massiven Folgekosten der staatlichen Corona-Maßnahmen zu finanzieren. Zudem sind langfristige Geldanlagen der Krankenkassen nicht kurzfristig ohne finanzielle Folgen abgreifbar.
Schon jetzt müssen etliche Krankenkassen einen Zusatzbeitrag von mehr als 1,1 oder 1,3 Prozentpunkten erheben. Viele Versicherte liegen mit ihrem Gesamtsozialversicherungsbeitrag daher aktuell schon über der politisch zugesagten Belastungsgrenze von 40 Prozent. Mit der vorgesehenen Zwangsabgabe von mindestens 1,3 Prozentpunkten wird die Zahl der Mehrbelasteten ab 2021 deutlich steigen. Statt Betragssatzanhebungen sollten endlich die versicherungsfremden Leistungen der GKV bereinigt und sachgerechte Beiträge für Arbeitslosengeld II Empfänger eingeführt werden.
Traditionelle Betriebskrankenkassen, die ausschließlich für Mitarbeitende und ihre Angehörigen geöffnet sind, führen ein besonders sorgsames Finanzmanagement. Sie betreiben eine besondere Risikovorsorge, da ihre Trägerunternehmen in der Haftung stehen. Auch diese Stärke des deutschen Gesundheitswesens will der Gesundheitsminister mit einem Federstrich auslöschen.
Sigrid König: „Die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Versicherten wollen und brauchen eine verlässliche und solide Finanzpolitik, die den Horizont über das Jahr 2021 im Blick behält. Wenn der Politik auch 2022 und darüber hinaus an einer nachhaltig finanzierten GKV gelegen ist, muss sie das Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Zusatzbeiträge in der GKV nachbessern.“
Der BKK Landesverband Bayern vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen der Betriebskrankenkassen und ihrer Versicherten in Bayern. Aktuell zählt der BKK Landesverband Bayern 17 Betriebskrankenkassen als Mitglieder mit rund 3,4 Millionen Versicherten (Kassensitz). In Bayern selbst leben mehr als 2,4 Millionen Menschen, die bei einer Betriebskrankenkasse (BKK) versichert sind. Damit verfügen die Betriebskrankenkassen im Freistaat über einen GKV-Marktanteil von rund 22 Prozent.
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