“Daseinsvorsorge oder Nächstenliebe werden in unserem Gesundheitssystem nicht finanziert” / Geld nicht nur für abgerechnete Leistungen: NRW-Kommunalpolitiker diskutieren über Gesundheitsversorgung

“Daseinsvorsorge oder Nächstenliebe werden in unserem Gesundheitssystem nicht finanziert” / Geld nicht nur für abgerechnete Leistungen: NRW-Kommunalpolitiker diskutieren über Gesundheitsversorgung

Köln (ots) – Die Pandemie, der bevorstehende Ärztemangel und die Ökonomisierung von Kliniken im ländlichen Raum sind Thema zum Abschluss der Talk-Reihe “Wir wählen Gesundheit – Kommunalwahlen in NRW”. Die Sendung wird heute um 19 Uhr bei health tv ausgestrahlt. Neben Allgemeinmedizinerin Tatiana Witkiewicz (FDP) spricht für die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU (KPV) der Vorsitzende Thomas Hunsteger-Petermann (Oberbürgermeister in Hamm/Westfalen). Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) vertritt deren stellvertretender Vorsitzender Michael Stock (Bürgermeister in Wegberg).

Stock fehlt das Krankenhaus im Ort: “Unser privat geführtes Krankenhaus musste leider vor vier Jahren mit Hilfe der Landesregierung schließen.” Stocks Plädoyer: “Die kommunale oder kirchliche Trägerschaft ist das, was wir als Kommune unterstützen sollten, denn die medizinische Daseinsvorsorge ist ein öffentlicher Auftrag.”

Hunsteger-Petermann sagt über die fünf kirchlich geführten Klinikstandorte in Hamm: “Ich bin sehr zufrieden mit den Trägern.” Gleichzeitig bedauert er: “Selbst in einer kirchlichen Klinik wird hauptsächlich über Geld gesprochen. Worüber nicht gesprochen wird: warum ich eigentlich so eine Klinik habe. Das Kernproblem ist, dass wir nicht nur nach knochenhart abgerechneten Leistungen Geld in unsere Kliniken stecken müssen. Daseinsvorsorge oder biblische Nächstenliebe – diese Faktoren werden in unserem Gesundheitssystem nicht finanziert. Das gilt in Teilen auch für die Seniorenheime und da muss investiert werden. Ich wünsche mir nicht mehr Geld für Technik, sondern für menschliches Knowhow, damit eine andere Betreuung stattfindet.” Zum Vergleich von kommunaler und privater Trägerschaft sagt er: “Ich glaube nicht, dass städtische Beamte das Krankenhauswesen besser führen können als das jetzt durch die Ärztlichen Direktoren und Pflegedienstleiter geschieht.”

Pflege: Nur Wäsche wechseln hat nichts mit Würde zu tun

Einsparungen sehen die Kommunalpolitiker auch als Grund für den Pflegenotstand. “Früher haben sie zehn Personen gepflegt, jetzt müssen sie zwanzig Personen pflegen. Das ist nicht mehr machbar und nicht würdevoll für die Patienten”, sagt Witkiewicz. Hunsteger-Petermann fordert von der Landesregierung mehr Geld für Menschlichkeit und Kompetenz im Gesundheitssektor, “damit es nicht nur darum geht, Wäsche zu wechseln und das Ganze auch noch im Fließbandtakt”.

Corona und Ärztemangel: Mehr Unterstützung durch die Kassenärztliche Vereinigung?

Ärztemangel ist schon jetzt ein Problem im ländlichen Raum: So kommen zum Beispiel selbst in Gütersloh auf 100.000 Einwohner nur etwa 50 Hausärzte, in der Großstadt Köln hingegen 267 Ärzte.

Hausärzte werden beim Corona-Management nahezu allein gelassen. Das kritisiert Dr. Tatiana Witkiewicz, die für die FDP im Rat der Gemeinde Uedem sitzt: “Es kommt wenig Unterstützung von der Kassenärztlichen Vereinigung und auch von öffentlichen Einrichtungen wie dem Gesundheitsamt.” Hunsteger-Petermann will Mediziner, die sich in Hamm niederlassen möchten, mit dem Bereitstellen von Grundstücken, Kindergartenplätzen und der Übernahme von Planungskapazitäten unterstützen. Michael Stock, Bürgermeister von Wegberg, sieht derzeit keinen akuten Handlungsbedarf: “Wir leben im Ballungszentrum Mönchengladbach, so dass das Thema Ärzteversorgung keine große Problematik auslöst.”

FDP-Politikerin und Hausärztin Dr. Tatiana Witkiewicz wird als Lehrärztin persönlich aktiv: “Alle Leute, die vom Land kommen und in die großen Städte zum Studieren gehen, will ich auf dem Land behalten. Ich möchte denen zeigen, wie toll es ist, Landarzt zu sein.” In Uedem, das 8.000 Einwohner hat, ist sie Bauherrin eines Ärztehauses. Mit Kollegen verschiedener Fachrichtungen plant sie, hier Patienten von der Kindheit bis ins hohe Alter an einem Standort zu betreuen.

Der Talk mit Kommunalpolitikern aus NRW ist die letzte von insgesamt elf Folgen der Sendereihe “Wir wählen Gesundheit – Kommunalwahlen in NRW”.

Sendetermin

“Wir wählen Gesundheit – Kommunalwahlen in NRW”, Vertreter der kommunalpolitischen Zusammenschlüsse der Parteien in NRW, Sonntag, 6. September 2020, 19.00 Uhr – ab 15.00 Uhr in der health tv-Mediathek (https://www.healthtv.de/sendungen/74/Wir_waehlen_Gesundheit_Kommunalwahlen_in_NRW/1396/Daseinsvorsorge_oder_Naechstenliebe_werden_in_unserem_Gesundheitssystem_nicht_finanziert.html)

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