Nationalrat: Hassmotivierte Übergriffe gegen LGBTI-Personen sollen künftig systematisch erfasst werden
Nationalrat: Hassmotivierte Übergriffe gegen LGBTI-Personen sollen künftig systematisch erfasst werden
Abgeordnete richten weitere Entschließungen an den Innenminister
Wien (PK) – Zu dem im Innenministerium geplanten Projekt bezüglich der systematischen Erfassung von „Hate-Crime“ soll ein Bericht erstellt und daraus Maßnahmen abgeleitet werden, dazu fasste der Nationalrat heute eine Entschließung. Außerdem setzten sich die Abgeordneten mehrheitlich dafür ein, dass der Situation jener Personen, die etwa aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität auf der Flucht sind, bei Asylverfahren künftig besondere Bedeutung beigemessen wird.
Des Weiteren wird veranlasst zu prüfen, ob die im Zuge der Corona-Krise erstellten Lagebilder dem Nationalrat zur Verfügung gestellt werden können.
Transparenz im Krisen- und Katastrophenschutzmanagement
Im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit soll die Bundesregierung auf einhelligen Wunsch der Parlamentsfraktionen prüfen, inwieweit der Informationszugang der Öffentlichkeit im Bereich des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) verbessert werden kann. Bei dieser Entschließung geht es primär um die im Zuge der Bewältigung der COVID-19-Pandemie im Innenressort erstellten Lagebilder. Innenminister Karl Nehammer wird aufgefordert zu prüfen, ob deren Übermittlung – allenfalls nach einer Klassifizierung – an das Parlament ermöglicht werden kann.
Die koordinierende Stelle im Innenministerium liefere mit den Lagebildern eine wichtige Beurteilungsgrundlage für die aktuelle COVID-19-Lage, sagte Manfred Hofinger (ÖVP). Mit diesem Modus sei man bislang gut gefahren, nun soll die Transparenz der Entscheidungsführung ohne mehr bürokratischen Aufwand erhöht werden, erläuterte er den Vorstoß.
Abgelehnt wurde die Forderung der NEOS, die Sitzungsprotokolle des Krisenstabs im Innenministerium, der aufgrund der COVID-19-Pandemie eingerichtet worden war, zu veröffentlichen. Dennoch zeigte sich NEOS-Antragsteller Douglas Hoyos-Trauttmansdorff über die gemeinsame Lösung erfreut, um mehr Vertrauen in die Politik zu schaffen. Weil Innenminister Karl Nehammer im Ausschuss klargestellt habe, dass es keine verifizierten Sitzungsprotokolle des Krisenstabs gibt, schlug Hoyos-Trauttmansdorff vor, Standards für die Protokoll-Erstellung zu schaffen. Auch Philip Kucher (SPÖ) meinte, das Vorlegen von Protokollen sollte dazu dienen, Fehler nicht zu wiederholen und das Krisenmanagement zu verbessern. FPÖ-Mandatar Hannes Amesbauer hielt der Regierung vor, dass jene Informationen, die zu den schwerwiegenden Gesetzesmaßnamen führten, von der Öffentlichkeit ferngehalten worden seien. Auch konnte er das Fehlen formeller Sitzungsprotokolle nicht nachvollziehen. Georg Bürstmayr (Grüne) warf ihm daraufhin „aufgesetzte Empörung“ vor.
Gezielter Umgang mit vulnerablen Personengruppen in Asylverfahren
Auf die Sicherstellung von fairen und qualitätsvollen Asylverfahren besonders vulnerabler Gruppen zielt ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien ab, der auch von SPÖ und NEOS Unterstützung fand. So soll bei Personen, die etwa aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität auf der Flucht, oder zu einer anderen Religion konvertiert sind, im gesamten Asylverfahren und in der Grundversorgung besondere Sensibilität walten. Daher wird die Regierung aufgefordert, regelmäßige Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die Exekutive zu gewährleisten, zielgruppengerechte Herkunftsländerdokumentation und ausreichend DolmetscherInnen zur Verfügung zu stellen, sowie zivilgesellschaftliche Organisationen in den Prozess einzubinden.
SPÖ und NEOS sprachen sich für eine zügige Umsetzung der Maßnahmen aus. Laut Nurten Yilmaz (SPÖ) habe der „wunderbare Antrag“ nämlich einen Schönheitsfehler – er bleibe unverbindlich. Ihr im Zuge der Debatte eingebrachter Antrag, dafür eine Frist bis zum 1. Mai 2021 vorzusehen, wurde allerdings abgelehnt. ÖVP-Mandatarin Gudrun Kugler meinte dahingehend, dass man den eigenen Antrag auch ohne Fristsetzung selbstverständlich ernst nehme. Dem stellte sie voran, dass sich sensible Asylverfahren und restriktive Migrationspolitik nicht widersprechen würden. Wichtig sei ihr zufolge, über die vulnerablen Gruppen keinen Generalverdacht zu stülpen. Um Menschen faire Asylverfahren zu garantieren, müsse man genau dorthin schauen, wo es noch Defizite gibt, ergänzte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). In eine ähnliche Stoßrichtung ziele auch der Redebeitrag von NEOS-Abgeordnetem Yannick Shetty. Angesichts der 42% vom Bundesverwaltungsgericht aufgehobenen Asylentscheidungen müssten die Verfahren qualitätsvoller werden, meinte er.
Die FPÖ lehnte den Antrag mit der Argumentation ab, dass faire Asylverfahren bereits jetzt ein Erkennungsmerkmal der Republik Österreich seien, wie Christian Ries (FPÖ) ausführte. Es sollte aus seiner Sicht keine Bevorzugung wegen des Asylgrunds geben.
Systematische Erfassung von „Hate-Crime“ gegen LGBTI-Personen
Auch hinsichtlich der Erfassung von hassmotivierten Übergriffen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung richten die Abgeordneten eine Entschließung an den Innenminister. Die Ergebnisse aus dem geplanten Projekt zu Vorurteilsmotiven bei Strafanzeigen („Hate-Crime“) sollen in einen Bericht fließen und dem Nationalrat inklusiver abgeleiteter Maßnahmen vorgelegt werden. Es wurde beantragt, entsprechende Präventionsmaßnahmen, etwa die Sensibilisierung und Schulungen von Polizeibediensteten, auszuarbeiten.
Die Opferschutzeinrichtungen würden immer wieder auf eine hohe Dunkelziffer in diesem Bereich hinweisen, meinte Michael Seemayer (SPÖ). Auch hätten nicht heterosexuelle Personen ein 10-fach höheres Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, gab er zu Bedenken. In Hinblick auf die Verbesserung der Lebenssituation von LGBTI-Personen hob Seemayer die Bedeutung gesicherter Daten und Statistiken hervor. Datenevidenz sei für die effektive Bekämpfung von „Hate-Crime“ enorm wichtig, pflichtete Yannick Shetty (NEOS) bei. Angesichts der steigenden Zahl an Hassverbrechen sollte man insbesondere im präventiven Bereich ansetzen, so Faika El-Nagashi (Grüne). Ewa Ernst-Dziedzic (ebenfalls Grüne) und Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) sprachen davon, dass nur 1% dieser diskriminierenden Übergriffe zur Anzeige gebracht werden. Dieser Hasskriminalität gelte es, entgegenzuwirken, meinten beide. Jedoch ließ ÖVP-Mandatarin Himmelbauer datenschutzrechtliche Bedenken nicht unerwähnt. Man müsse genau überlegen, wie diese Daten erfasst werden können, da es einen Eingriff in die Privatsphäre darstelle, sollten PolizistInnen etwa nach der Sexualität fragen, wenn diese für den Fall nicht relevant wäre.
Grundlage für den Vorstoß der Regierungsparteien bildete eine NEOS-Initiative, die abgelehnt wurde. Die Forderung zielte darauf ab, Straftaten der Diskriminierung gegen LGBTI-Personen in der polizeilichen Kriminalstatistik separat auszuweisen. (Fortsetzung Nationalrat) fan
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