AMA setzt auf verwässertes neues Gütesiegel – Zugang für alle Direktvermarkter, Handwerksbetriebe und Wirte

AMA setzt auf verwässertes neues Gütesiegel – Zugang für alle Direktvermarkter, Handwerksbetriebe und Wirte

Wo AMA Genussregion draufsteht, soll künftig nicht mehr GENUSS REGION ÖSTERREICH drinnen sein

Wien (OTS) – Neues AMA-Genussregion-Gütesiegel hat keinen Bezug mehr zu den bekannten und etablierten Genussregionen. Jeder, egal in welcher Region der Betrieb liegt und in welcher Art und Weise seine Produkte erzeugt werden, soll beim neuen AMA-Genussregion-Gütesiegel mitmachen können. Umsteigen wird mit Nachdruck „gewünscht“.

Derzeit erfüllen alle Betriebe in Österreich die Lebensmittelsicherheitskriterien, die Anforderungen des Österreichischen Lebensmittelbuches und der Verordnung für die Kennzeichnung von Primärzutaten, des Tierschutzgesetzes sowie die Gewerbeordnung.

Die nochmalige Prüfung der Geprüften.

Die AMA-Richtlinien sehen vor, dass auf den mitmachenden Kleinbetrieben die in Österreich für alle Betriebe ohnehin bereits geprüften gesetzlichen Anforderungen für das Vermarkten von Lebensmitteln von akkreditierten externen Kontrollstellen für die Erlangung des AMA-Genussregions-Gütesiegel nochmals zusätzlich geprüft werden.

Insgesamt soll auf den Betrieben in rund 2,5 Stunden ein Katalog von über 40 Ja/Nein-Fragen abgearbeitet sowie ein Betriebsrundgang gemacht werden. Dabei sollen im Wesentlichen die vorhandenen Prüfdokumente der Lebensmittelaufsicht und der Veterinärbehörde überprüft und für das neue AMA-Siegel dokumentiert werden. Gesondert inhaltlich geprüft würde beim Betriebsbesuch nur dann, wenn die Prüfdokumente nicht aktuell nachgewiesen werden können.

„Ist die AMA der Ansicht, dass die in Österreich bereits jetzt prüfenden zuständigen Behörden unzureichend arbeiten und daher die Kontrollintensität erhöht werden muss oder sind die Kontrollorgane der Zertifizierungsstellen besser qualifiziert, um etwa Fragen der Tiergesundheit oder Lebensmittelsicherheit zu überprüfen “ fragt sich entrüstet Franz Deutschmann, Obmann des Vereins Genuss Region Österreich und Obmann des Landesverbandes DBM Direkt vom Bauernhof Marketingverein Steiermark.

„Das hat nichts mehr mit der bewährten GRÖ- Regionalinitiative zu tun, die auf abgegrenzte GenussRegionen und spezifizierte, regionale Spezialitäten setzt. Auf die Kompetenz und motivierte Teamarbeit der Genussregionen wird wohl verzichtet. Alles soll zentral von der staatlichen Agrarmarketingbehörde gesteuert werden. Nur wer dieses neue AMA-Siegel hat und Mitglied im neu gegründeten Verein Cluster Kulinarik wird, soll bei den 100% öffentlich finanzierten Kulinarikmaßnahmen hinkünftig mitmachen können und weitere Informationen von Netzwerk Kulinarik und Cluster Kulinarik erhalten“, erklärt Franz Deutschmann weiter.

Der Verein Genuss Region Österreich sieht darin eine bewusste Vernichtung der Aufbauarbeit und fürchtet, dass der gute Ruf der GenussRegionen Schaden erleidet – zum Nachteil der Konsumenten. Es untergräbt die bisherigen Anstrengungen der GenussRegionen. Die GenussRegionen haben von 2008 bis 2019 mit hohem Einsatz öffentlicher und privater Mittel Maßnahmen umgesetzt und damit nachweislich ökosoziale Mehrwerte für die Betriebe und Regionen geschaffen. Beispiele zeigen, dass dieser Weg europaweit Beachtung gefunden hat. So haben Baden Württemberg oder das Saarland versucht, nach diesem Konzept in ihren Ländern aktiv zu werden und verwenden zum Teil sogar die Bezeichnung GENUSS REGION, um Landwirtschaft und Tourismus sinnvoll zu vernetzen (siehe [www.genuss.saarland] (http://www.genuss.saarland)). In Österreich hat die Marke GENUSS REGION ÖSTERREICH eine Bekanntheit von rund 80%.

Wesentliche Forderungen des RH-Berichtes von 2018(RH Bericht
Reihe Bund 2018/52 GZ 004.528/007 PR3/18) bleiben aus der Sicht der GenussRegionen beim neuen Gütesiegel unerfüllt:

* Intransparente Strukturen: Unklare Schnittstelle zwischen
Netzwerk Kulinarik der AMA-Marketing und Clusterverein Kulinarik. Der RH hat empfohlen institutionelle Verflechtungen und personelle Nahverhältnisse zwischen den beteiligten Akteuren zu vermeiden. „Es wären in Hinkunft insbesondere Konstellationen zu vermeiden, bei denen die AMA unvereinbare Rollen wahrzunehmen hat (Seite 48, Pkt. 24.2, Beilage 1). Wie wird die Trennung zwischen strategischer Netzwerkarbeit der AMA und eigenständiger operativer Umsetzung der Clusterarbeit in der Praxis sichergestellt, wo jede bisherige Aussendung und Veranstaltung federführend vom Netzwerk Kulinarik der AMA erfolgt ist? Wozu braucht man das Netzwerk als Koordinierungsstelle, wenn es nur noch einen der ursprünglich 4 Themencluster gibt? Nach wie vor ist ein seit Frühjahr 2019 von der Netzwerkstelle der AMA versprochenes Förderhandbuch nicht öffentlich zugänglich.

* Eine 100 % Förderquote ist kein Anreiz für die Steigerung der Selbstfinanzierung

Der RH-Empfehlung für die Einrichtung und den Betrieb von Clustern nur an jene Förderwerber zu vergeben, die tragfähige Finanzierungskonzepte für die Zeit nach Ende der Förderung vorlegen, wurde nicht verfolgt. (RH Bericht Reihe Bund 2018/52 GZ 004.528/007 PR3/18, Seite 42, Punkt 20.2, Beilage 2). Der Verein Cluster Kulinarik wird derzeit fast zur Gänze aus öffentlichen Mitteln finanziert. Ein Jahresmitgliedsbeitrag von 20 € deutet auf das gering ausgeprägte wirtschaftliche Agieren hin. Erst nach der Fördervergabe wurde dieser Verein von einem Personenkomitee gegründet, das vermutlich aufgrund ihrer hauptberuflichen Funktionen keine wesentlichen privatwirtschaftlichen Ziele verfolgen kann.

Der Verein Genuss Region Österreich lehnt daher diesen neuerlichen Versuch der AMA ab, die von den Konsumenten geschätzten GenussRegionen – seit 15 Jahren ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Genussidentität – zu verwässern.

Obmann Franz Deutschmann erwartet sich von einem Gütesiegel 2020 kundenrelevante Differenzierung und eine ganz besondere Güte. Dieses Gütesiegel bestätigt leider nur Bestehendes, wie selbst in landwirtschaftlichen Fachmedien zu lesen ist (Mag Marianne Reinegger, Landwirtschaftliche Mitteilungen, 15. 6. 2020, Seite 2, Beilage 3:
„Diese enthält Anforderungen und rechtliche Vorgaben, die bereits jetzt schon ganz selbstverständlich von den Betrieben erfüllt werden (müssen).“).

Obmann Franz Deutschmann schätzt nach den bisherigen Gesprächen, dass Direktvermarkter-Spitzenbetriebe und auch GenussWirte diese Art von Kontrolle und Zertifizierung jedenfalls ablehnen müssen, weil keine zusätzliche Wertschöpfung zu erwarten ist.

Der Trend geht in Richtung mehr Regionalität. Der besondere Ruf von Spezialitäten der GenussRegionen ist eine wertvolle Basis für nachhaltigen Tourismus in Österreich. Dies hat sich bewährt. Sowohl Ausflüge als auch Urlaube sind „leitproduktmotiviert“. Für die regionale Identität sind ganz besondere Produkte eine große Hilfe.

Erfolgreiche GenussRegionen fordern ein schnelles Umdenken in der AMA. Mit innovativen Initiativen und Leitbetrieben soll unabhängig von einem neuen Gütesiegel der Dialog gesucht werden. Es wird Respekt und Wertschätzung erwartet, wirtschaftliches Engagement darf niemals von öffentlichen Stellen bekämpft werden. Derartige institutionelle Verflechtungen darf es in Zukunft nicht geben. Barrieren für Kooperationen verhindern alles.

Unser Vorschlag:

Die AMA sollte wieder verstärkt strategische Aufgaben für die österreichische Lebensmittelwirtschaft übernehmen. Österreichs Lebensmittel zählen zu den besten der Welt. Wir können stolz sein auf das gut funktionierende Kontrollwesen in Österreich. Die AMA soll die Bewusstseinsbildungsmaßnahmen für den hohen österreichischen Lebensmittelstandard ausbauen und optimale Rahmenbedingungen für die heimische Lebensmittelwirtschaft schaffen – in Österreich, aber vor allem auf EU-Ebene und international.

Dazu Franz Deutschmann:

„Die AMA sollte für alle interessierten Betriebe und Gemeinschaften ohne zusätzliche Kontrollen Servicestelle sein und relevante Absatzförderungsmaßnahmen anbieten. Schließlich fließen neben öffentlichen Mittel ja auch über die gesetzlich verpflichtende AMA-Marketingbeiträge Bauerngelder in erheblicher Höhe in die AMA, wofür spürbare Gegenleistungen erwartet werden.

In Österreich sollte die AMA insbesondere relevante wiederkehrende Maßnahmen in Kindergärten, Schulen, Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung vertiefen, um den Wert österreichischer Lebensmittel und die Leistungen der heimischen Landwirtschaft positiv darzustellen.

Die AMA sollte verstärkt Messeauftritte für alle interessierten Betriebe und Absatzgemeinschaften in den wichtigsten Exportländern organisieren und koordinieren. Sie soll verstärkt der Bearbeitung von Kundenanfragen aus dem Ausland unterstützen.

Die AMA sollte verstärkt für alle interessierten Direktvermarktungsbetriebe und agrarische Absatzgemeinschaften Digitalisierungspakete nach dem Vorbild der Wirtschaftsförderung anbieten.

Kontakt: Franz Deutschmann, franz@deutschmann-hofkaeserei.at, T: 0664/1267851

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