68. Wiener Gemeinderat (1)
68. Wiener Gemeinderat (1)
Aktuelle Stunde
Wien (OTS/RK) – Die 68. Sitzung des Wiener Gemeinderates in der laufenden Wahlperiode hat heute, Dienstag, um 9 Uhr mit der Aktuellen Stunde begonnen. Die Fraktionen hatten sich darauf geeinigt, Corona-bedingt auf eine Fragestunde zu verzichten. Das Thema der Aktuellen Stunde hatten dieses Mal die Grünen eingebracht, es lautete „Zukunft ohne Krise statt Krise ohne Zukunft: Machen wir Wien zur Klimahauptstadt!“. Die Sitzung fand unter den zwischen den Fraktionen vereinbarten Covid-19-Richtlinien statt.
GR Peter Kraus, BSc (Grüne) sagte, dass die Klimakrise auch in diesen Zeiten keine Pause mache. Es werde sich „in den nächsten zehn Jahren entscheiden, ob die Erderwärmung eingedämmt werden kann“. Drei wesentliche Punkte könnten aus seiner Sicht aus den letzten Monaten gelernt werden: Schnelles und entschlossenes Handeln im Kampf gegen die Klimakrise; die Zeit der Populisten sei vorbei, Politik solle auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauen; und die Politik sei gefordert, krisenfeste Arbeitsplätze und Unternehmen mit Klimainvestitionen Zukunft zu sichern, denn die Weltrettung passiere nicht von selbst. Kraus stellte die Frage, „ob das Demonstrieren gegen Begegnungszonen und Radwege ein Zukunftskonzept ist“. Die „neue Normalität“ solle eine Zukunft sein, in der Freiheit, sozialer Zusammenhalt und Ressourcen geschützt werden. „Dafür braucht es neue Regeln und Investitionen“, sagte Kraus. Die neue Bauordnung werde auf jedes neue Dach Solaranlagen bringen und helfe dadurch mit, Arbeit zu schaffen und die Stadt zu kühlen. Wien könne durch „kluge und mutige Investitionen zur Speerspitze in Sachen Klimaschutz“ werden, schloss Kraus.
GR Dietrich Kops (HC) fand das von den Grünen eingebrachte Thema der Aktuellen Stunde „gewagt“, denn die „Klimahauptstadt Wien“ sei in weite Ferne gerückt. „Sinnlos“ seien die Begegnungszonen, die unbenützt geblieben seien, „verrückt“ seien die Pop-up-Radwege, die bislang „funktionierenden Verkehrswege behindern“. „Wien versinkt durch die Maßnahmen von Vizebürgermeisterin Hebein im Stau“, folgerte Kops. Das rot-grüne Wien habe versagt: Die Steinhofgründe würden zubetoniert, Dachbegrünungen auf Gemeindebauten fehlen und coole Straßen würden PKW-Parkplätze vernichten.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sagte, dass es gegen den Klimawandel „keine Impfung“ gäbe, aber ein Medikament: nämlich den CO2-Preis. „Bepreisen wir doch jetzt das, was das Klima schädigt“, appellierte Gara. Statt der verpflichtenden Errichtung von Auto-Stellplätzen sollten Solarenergieanlagen in Neubauten in der Bauordnung festgeschrieben werden. Hier seien die Grünen mutlos, es brauche „größere Schritte, um Klimaneutralität 2040 wirklich zu erreichen“. Die Maßnahmen der Stadtregierung, dieses Ziel zu erreichen seien zu gering. Gara appellierte an die SPÖ „nicht dauernd in den Rückspiegel zu schauen und die hohen Investitionen in den Lobautunnel besser in den öffentlichen Verkehr zu stecken.“
GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) sah Gesundheit, Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Wien durch die Corona-Krise – „der größten Krise seit 1945“ – gefährdet. Die Klimakrise sei also „nur eine von vielen Herausforderungen“, deshalb dürfe nicht „alles in die Bewältigung einer einzigen Krise gesteckt“ werden. Maßnahmen wie die Coole Meile Zieglergasse seien „ein Witz“. Seit der Regierungsbeteiligung der Grüne hätten diese „nichts gemacht“. Dies zeige sich etwa am geringsten Anteil aller Bundesländer an erneuerbarer Energie in Wien. Die Stadt Wien müsse selber Vorbild werden und die öffentlichen Gebäude in ihrem Besitz mit Solarenergieanlagen ausstatten, sagte Olischar.
GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) kritisierte, dass die Grünen nur in Wahlkampfzeiten „ihr grünes Herz entdecken, ansonsten bewegt sich in diesem Bereich nichts“. So seien seit dem Regierungseintritt der Grünen 2010 zahlreiche Anträge der FPÖ wie Solarenergieausbau, der Schutz der Grünflächen auf dem Semmelweis-Areal oder plastikfreie Wiener Märkte von der rot-grünen Regierung „allesamt“ abgelehnt worden. „Wir wollen keine Klimaheuchler, sondern Klimaschützer“, schloss Guggenbichler.
GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) sagte, dass die nächsten Jahre nicht leicht werden würden, weil „die Wirtschaft strauchelt und damit Arbeitslosigkeit für viele Menschen droht“. „Das wird sich vehement auf unseren Wohlstand auswirken, deswegen müssen wir mit Green Jobs dagegen steuern“. Der Ausbau des Öffi-Verkehrs, der Bau von Photovoltaikanlagen wie der in Unterlaa und die Förderung der lokalen Wiener Landwirtschaft: Diese Maßnahmen würden dem Klimaschutzgedanken dienen. „Hier gilt es, die Krise zu nutzen, um Investitionen zu lenken.“ Gesundheitskrisen seien in der Vergangenheit nicht nur durch medizinische, sondern auch durch soziale Antworten gelöst worden. Taucher forderte ein Auftreten „gegen McJobs, wo Menschen unwürdige Arbeit verrichten und damit auch ihre Gesundheit gefährden“.
Debatte zur Geschäftsordnung
Anschließend an die Aktuelle Stunde folgte eine Debatte zur Geschäftsordnung des Gemeinderats. Die FPÖ-Fraktion verlangte, dass sämtliche Rechte der Opposition, wie die mündliche Fragestunde, Redezeiten und die Sitzordnung „wie vor Corona“ wieder eingesetzt werden sollten, „denn alle Grundlagen der Sonderfraktionsvereinbarung sind nicht mehr existent“. Gemeinderatsvorsitzender Mag. Thomas Reindl (SPÖ) verwies in seiner Replik darauf, dass für die kommenden Sitzungen des Gemeinderats im Juni „Lockerungen“ der momentanen Regelung zwischen den Fraktionen besprochen und nach Abschluss dieser Gespräche etwaige Änderungen vorgenommen werden würden. Grundlage für die Sonderfraktionsvereinbarung seien aber „immer noch gültige Gesetze und Verordnungen“. Appellationsrechte seien weiterhin gültig und gewährleistet, einzig die Fragestunde erfolge nun in schriftlicher statt mündlicher Form, sagte Reindl.
(Forts.) nic
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