Mo., 2.3., 20:15 Uhr: Das Jenke-Experiment: „Tiere lieben und Tiere essen – Wie viel Fleisch muss sein?“ – „Wir essen definitiv zu viel und zu schlechtes Fleisch, da sind sich die Experten einig“

Mo., 2.3., 20:15 Uhr: Das Jenke-Experiment: „Tiere lieben und Tiere essen – Wie viel Fleisch muss sein?“ – „Wir essen definitiv zu viel und zu schlechtes Fleisch, da sind sich die Experten einig“

Köln (ots) – Ist Fleischkonsum in großen Mengen ethisch noch vertretbar? Was macht das mit Gesundheit und Umwelt? Laut Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung lag der Fleischverzehr im vergangenen Jahr statistisch bei 60,1 kg pro Kopf. In seinem neuen Experiment will Jenke von Wilmsdorff am eigenen Leib erfahren, was ein übermäßiger Fleischkonsum mit ihm macht. Zwei Wochen lang isst der Journalist fast ausschließlich Fleisch, danach ernährt er sich 14 Tage lang vegan, immer flankiert von Leistungstests. Die persönliche Begleitung eines Mastschweins stellt Jenke schließlich vor ein Dilemma: Kann er die Sau Elsa sterben lassen?

Jenke von Wilmsdorff im Interview:

„Tiere lieben und Tiere essen – Wie viel Fleisch muss sein?“ Was sagen Sie? Braucht es Fleisch überhaupt in der Ernährung?
Bei dieser Frage sind sich auch die Experten nicht einig und selbst die Fleisch-Befürworter plädieren für einen sehr geringen Anteil in unserer Ernährung. Wir essen definitiv zu viel und zu schlechtes Fleisch, da sind sich die Experten einig.

Neben dem gesundheitlichen Aspekt betrachten Sie das Thema Fleisch auch aus einer ethischen Perspektive. Wie stehen Sie zur Massentierhaltung, die die günstigen Fleischpreise überhaupt erst möglich macht?
Wer sich mit der Massentierhaltung auseinandersetzt und nicht die Augen verschließt, weil er es nicht ertragen kann, diese Bilder zu sehen, kann diesen Tieren nur einen schnellen Tod wünschen. Massentierhaltung ist Gewalt an Tieren. Wir dürfen dies nicht unterstützen, nur weil wir beim Fleischkauf sparen wollen. Die Tiere zahlen den Rest des Preises.

Fleisch findet sich zu Tiefstpreisen in diversen Discounter-Regalen. Die Konsumenten greifen teils gedankenlos zu. Wie gedankenvoll sind Sie bisher mit ihrem persönlichen Fleischkonsum umgegangen?
Ich hatte mir lange vor dem Experiment Gedanken über die Qualität und die Menge des Fleisches gemacht, das ich gegessen habe. Discounter Fleisch hatte es nie bis zu mir nach Hause geschafft. Für mich war die Qualität immer sehr viel wichtiger als der Preis. Ich habe allerdings eine große Schwäche für Currywürste und Würste jede Art.

Für Ihr aktuelles Jenke-Experiment mussten Sie auch 14 Tage vegan leben. Wie war Ihr körperliches Empfinden während dieser Phase?
Sie waren überraschend sehr gut. Bereits nach wenigen Tagen, fühlte ich mich energiegeladen, rein und emotional sehr ausgeglichen. Ich habe gespürt, wie sich mein Körper für die gute Nahrung regelrecht bedankt. Auch wenn es eine enorme Umstellung für mich war. Sich vegan zu ernähren, ist schon sehr extrem und war für mich von Verzicht begleitet.

Als Extrem-Reporter gehen Sie regelmäßig an Ihre psychische und physische Grenze. Wie extrem wurde es diesmal und was waren die körperlichen Folgen während Ihres hohen Fleischkonsums?
Jedes einzelne Experiment ist für mich immer eine große Herausforderung. Mal wird meine Psyche mehr gefordert, mal der Körper. Bei diesem Experiment waren es auch meine Emotionen, mit denen ich bis zum letzten Tag kämpfen musste. Werde ich das Schwein, das ich für diese Reportage begleitet habe und das mir sehr ans Herz gewachsen ist, töten lassen, weil ich in Zukunft nicht auf Fleisch verzichten will? Oder stelle ich dauerhaft meine Ernährung um, und lasse das Schwein leben? Glauben Sie mir, das war für mich keine leichte Entscheidung. Hinzukam noch eine spontane Gicht-Attacke, die mich, nach dem enormen Fleischkonsum, sehr quälte.

Sie haben während der Dauer des Experiments auf einem Bauernhof gelebt, um die Lebewesen hinter den tierischen Produkten kennen zu lernen und dort viel Zeit mit der Sau Elsa verbracht. Welche Erkenntnisse konnten Sie dadurch gewinnen?
Bis zu meiner Begegnung mit dem Schwein Elsa hatte ich mich nicht viel mit Schweinen auseinandergesetzt. Das hat sich durch meinen Aufenthalt auf dem Bauernhof massiv verändert. Es sind sehr intelligente und soziale Tiere. Ich schäme mich, wie wenige Gedanken ich mir vorher über diese Tiere gemacht habe. Ich hatte gerade von dieser Tierart, dem Schwein, den Schinken und die Würste besonders geschätzt. Schweinefilet in Curry-Tomaten- Soße zum Beispiel ist ein köstliches Gericht aus meiner Jugend. Das war eine Zeit, als wir den Werbeslogans noch glaubten: Fleisch ist ein Stück Lebenskraft. Fleisch war bei uns zu Hause etwas Besonderes und das gab es nur am Wochenende.

Wie ist Ihre Entscheidung am Ende ausgefallen: Fleischesser bleiben und Elsa zum Schlachter begleiten oder das Schwein wird begnadigt und Sie bleiben dem veganen Lebensstil verschrieben?
Diese Entscheidung bedeutete für mich den größtmöglichen Konflikt. Ich esse Fleisch selten, aber gerne. Und nur, wenn ich garantieren kann, in den nächsten Monaten oder Jahren auf Fleisch zu verzichten, darf Elsa weiterleben. Ohne meinen Besuch und ohne das Experiment, wäre sie allerdings ohnehin geschlachtet worden. Ich hatte also nicht über ihren Tod zu entscheiden, sondern über ihr Weiterleben. Mehr möchte ich aber an dieser Stelle noch nicht verraten.

Wenn Sie einmal an ihre vergangenen Experimente zurückdenken. Wo reiht sich da Ihr jüngster Selbstversuch ein?
Mein neues Experiment reiht sich ein in das übergeordnete Thema ‚Nachhaltigkeit‘ ein. Unsere Gesellschaft ist an dem Punkt angekommen, wo wir alle etwas im Großen verändern wollen. Meinen größten Respekt und vielen Dank an dieser Stelle gilt der ‚Fridays for Future-Bewegung‘. Diese junge Generation hat die Türen geöffnet und jetzt ist es an uns, die Räume zu betreten, um wieder Ordnung zu schaffen. Als ich 2015 ein Experiment über die Massentierhaltung machte, war die Sendung kein großer Erfolg. Die Zeit war damals noch nicht reif. Ich hoffe wirklich sehr, dass jetzt genau die richtige Zeit für diese Art von Themen ist.

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Heike Speda
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