zu Brexit/Johnson

Köln (ots) – Gespaltenes Königreich

Raimund Neuß zu Großbritannien nach dem Brexit

Wenigstens ein Gutes hat der Brexit für die Briten: Die EU kann künftig nicht mehr an allem schuld sein. Boris Johnson und seine Freunde sind nun auf sich gestellt. Sie können nicht mehr von Brüsseler Fremdbestimmung schwätzen, wenn es um ihre Verantwortung für den Gesundheitsdienst oder die Misere in Teilen Nordenglands geht.

Jahrzehntelang diente die Diffamierung der EU als Ersatz für Debatten, die man im Königreich eigentlich hätte führen müssen: Wie wird der Wohlstand, wie werden die Bildungschancen verteilt, wie geht man mit den dramatischen Unterschieden in den Lebensverhältnissen zwischen den Regionen um?

Zumindest das Thema Nordengland haben die britischen Parteien im Wahlkampf in den Blick genommen – endlich. Cornwall, das am EU-Tropf hängt und trotzdem stramm für den Brexit stimmte, kann wohl sehen, wo es bleibt. Nordirland, Wales und Schottland sowieso.

Der gegen Nordiren und Schotten durchgepaukte Brexit hat das Königreich gespalten. Johnson hat eine Mehrheit der Abgeordneten, aber nicht der Wähler hinter sich. Die Grenzregelung für Nordirland bedeutet einen programmierten Dauerkonflikt. Die schottischen Nationalisten werden keine Ruhe geben, bis sie irgendwann – nach der nächsten oder übernächsten Unterhauswahl – ein neues Unabhängigkeitsreferendum durchsetzen. Und Johnson lässt keine Absicht erkennen, auf die Interessen der vom Brexit schwer getroffenen Regionen einzugehen. Er riskiert den Zerfall des Staates.

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